Hochbrechende Einschlußmittel (PLEURAX / NAPHRAX / ZRAX)

Die im Netz veröffentlichten Syntheseverfahren wurden durch selbst durchgeführte Synthesen überprüft und im Falle von NAPHRAX verbessert; es wurden jeweils mehrere Chargen mit leicht abgewandelten Verfahren hergestellt. Hier die Ergebnisse.

Dr.G.Rosenfeldt

 

VORBEMERKUNG

Der Brechungsindex einer Substanz hängt ausschließlich von der Zahl leicht beweglicher Elektronenpaare pro Volumeneinheit ab. Je höher diese Zahl, desto höher der Brechungsindex. Der Brechungsindex nimmt also in der Reihenfolge polare Aliphaten ---> unpolare Aliphaten ---> unpolare Aromaten zu. Außerdem erhöhen große Atome den Brechungsindex zusätzlich (Sauerstoff ---> Schwefel, Stickstoff ---> Phosphor ---> Arsen, Chlor ---> Brom ---> Jod). Für Nicht-Polymere gilt daher leider: Je höher der Brechungsindex, desto giftiger, desto flüchtiger und desto oxidationsempfindlicher. Das giftige und flüchtige Methylenjodid ist ein gutes Beispiel für diese Regel, ferner die Ingredienzien extrem hochbrechender Einschlußmittel, wie Triphenylarsin oder Arsensulfid. Es dürfte daher kaum möglich sein, mit "zivilen" Ausgangsstoffen Polymere herzustellen, deren Brechungsindex den von Pleurax nennenswert übersteigt.

 

PLEURAX

WARNUNG: BEI DER HERSTELLUNG ENTWEICHEN GROSSE MENGEN SCHWEFELWASSERSTOFF, DER EINE ÄHNLICHE GIFTIGKEIT BESITZT WIE BLAUSÄURE! MAN ARBEITET DAHER UNTER EINEM GUT ZIEHENDEN LABORABZUG, "GARTEN PLUS RÜCKENWIND" IST LEBENSGEFÄHRLICH! STEHT EIN LABORABZUG ZUR VERFÜGUNG, IST DAS VERFAHREN DAGEGEN UNBEDENKLICH.

110 Gramm kristalliner Phenol werden auf einem Magnetrührer in einem 250 ml Becherlas geschmolzen. Man setzt dann unter Rühren 40 Gramm sublimierten Schwefel zu ("Schwefelblüte"), erhitzt langsam auf 150 oC (Innenthermometer!), versetzt mit einer Spatelspitze (ca. 100 mg) wasserfreiem (!) Natriumcarbonat (Katalysator) und steigert die Temperatur auf 170 oC. Bei 160 oC setzt die Reaktion ein, wobei unter leichtem Schäumen Schwefelwasserstoff entweicht. Man bedeckt mit einer doppelt durchbohrten Pappscheibe, um ein Verdampfen des Phenols zu vermeiden, durch die eine Bohrung taucht man das Thermometer, die andere dient dazu, die Schwefelwasserstoffentwicklung mit feuchtem Bleiacetatpapier zu verfolgen (kann entfallen).

Man rührt 4 Stunden lang. Von Zeit zu Zeit nimmt man mit einem Glasstab eine kleine Probe und löst diese in einem Reagenzglas, das etwa 5 ml Isopropanol enthält. Die Probe muß sich klar lösen, sonst ist nicht umgesetzter Schwefel vorhanden. Nach etwa zwei Stunden ist die Reaktion beendet und es hat sich ein dunkelbraunes Harz gebildet, das in dünnen Schichten gelb aussieht. Trotzdem erhitzt man insgesamt vier Stunden lang, wobei es hilfreich ist, mit feuchtem Bleiacetatpapier die Schwefelwasserstoffentwicklung zu kontrollieren. Sollte auch noch nach vier Stunden nicht umgesetzter Schwefel vorhanden sein, muß man noch etwas Phenol und Natriumcarbonat zusetzen und weiter erhitzen. Die Reaktionstemperatur ist unkritisch, man sollte jedoch versuchen, 170 oC nicht zu überschreiten, da sonst zu viel Phenol ungenutzt verdampft und dann nicht umgesetzter Schwefel das Produkt verdirbt. Schließlich entfernt man die Pappscheibe und erhitzt noch eine Stunde, um überschüssiges Phenol zu entfernen, wobei das Volumen deutlich abnimmt. Das fertige Produkt riecht nach Schwefelwasserstoff, wobei sich dieser Geruch mit der Zeit verliert. Überschüssiger Phenol stört zwar nicht, senkt jedoch den Brechungsindex.

Man läßt unter Rühren auf 100 oC abkühlen und setzt dann unter Rühren 50 ml Isopropanol zu. Nachdem eine homogene Lösung entstanden ist, gießt man diese in 50 ml Probegläschen, die man zu zwei Dritteln füllt. Ist die Lösung nach dem Abkühlen zu dickflüssig, setzt man weiteren Isopropanol zu und erhitzt im Trockenschrank, um eine homogene Lösung zu erhalten.

Ausbeute an reinem Harz ca. 60 g

Nach MELLER, MIKROKOSMOS (Jahrgang?), leicht modifiziert.

 

HINWEISE (PLEURAX)

1. Handelsüblicher Phenol ist durch Oxidationsprodukte stets rötlich bis rot gefärbt. Diese Verunreinigungen stören nicht, sie wirken sogar katalytisch. Frisch im Vacuum destillierter farbloser Phenol ist dagegen zu reaktionsträge.

2. Man läßt das mit Isopropanol verdünnte PLEURAX einige Tage stehen. Sollte sich nicht umgesetzter Schwefel abscheiden, ist dies nicht schlimm - man läßt einige weitere Tage stehen und gießt dann die klare PLEURAX-Lösung ab. Enthält PLEURAX nichtumgesetzten Schwefel, kristallisiert dieser mit der Zeit aus und verdirbt die Präparate.

3. PLEURAX ist in Isopropanol und Aceton löslich, nicht dagegen in Toluol oder Xylol.

4. Beim Anfertigen von Diatomeenpräparaten benetzt man die Diatomeen zunächst mit Isopropanol, um die Luft aus den Schalen zu verdrängen, dann überdeckt man mit PLEURAX und trocknet die fertigen Präparate bei 90 oC im Trockenschrank, da nur das alkoholfreie PLEURAX hochbrechend ist. Die Präparate sind gelb gefärbt, aber das stört nicht.

5. Hinsichtlich der Langzeitstabilität liegen keine Erfahrungen vor. PLEURAX besteht aus Benzolringen, die über Schwefelbrücken miteinander verbunden sind; die Ringe tragen phenolische OH-Gruppen. Ein derartiges Polymerisat kann oxidationsempfindlich sein: Schwefelbrücken lassen sich zu SO2-Brücken aufoxidieren (Trübung des Präparates), phenolische OH-Gruppen können zur Bildung von Chinonen führen (Nachdunkeln des Präparates). Ob derartige Veränderungen tatsächlich im Laufe der Zeit auftreten, ist unbekannt. Ein Schutz der Präparate mit einem Lackring ist zu empfehlen.

5. PLEURAX soll einen Brechungsindex von ca. 1,73 besitzen, nach eigenen Messungen beträgt der Brechungsindex 1,68. PLEURAX besitzt eine hohe Dispersion und wird durch Blaulicht zur Fluoreszenz angeregt.

6. Als Medium für UV-Mikroskopie ist PLEURAX ungeeignet, da bei Schichtdicken mikroskopischer Präparate Wellenlängen unterhalb 400 nm nicht mehr durchgelassen werden.

7. Die Synthese ist sicher und erfordert nur wenig zeitlichen und apparativen Aufwand, das Produkt ist ohne Nachbehandlung sofort gebrauchsfertig.

8. Wegen der erheblichen Giftigkeit des entweichenden Schwefelwasserstoffes ist ein gut ziehender Laborabzug zwingend erforderlich!

9. Die Synthjese von PLEURAX ist der von NAPHRAX vorzuziehen.

 

NAPHRAX

http://www.molab.co.nz

Verbesserte Methode

Material

Eisessig 200 ml
Naphthalin 50 g
Paraformaldehyd 12,5 g
p-Toluolsulfonsäure (Monohydrat) 5 g

Apparatur

500 ml Kolben
Wasserbad

Zentrifuge, Magnetrührer, Destillierbrücke, Heizpilz

Durchführung

Naphthalin und Toluolsulfonsäure in Eisessig auf dem heißen Wasserbad in Lösung bringen, dann Paraformaldehyd zusetzen, gut verteilen und 72 Stunden auf dem Wasserbad auf 95 oC erhitzen (Wasser mit 1 cm Öl überdecken, um Verdampfung zu vermeiden. Kolben nur zur Hälfte eintauchen und mit einem Stopfen verschließen, zwischen Stopfen und Kolben einen Pappstreifen zum Druckausgleich einschieben). Gemisch öfters schwenken.

Das Praformaldehyd ist nach wenigen Stunden vollständig gelöst, nach etwa 18 Stunden beginnt ein fast farbloses flüssiges Harz auszufallen, das im Laufe der Zeit auch bei 95 oC fest ist. Gegen Ende der Reaktion ist das Harz honiggelb und trübe. Man läßt erkalten, gießt die flüssige Phase ab und wäscht kurz mit Toluol nach, wobei kein Materialverlust zu befürchten ist, da sich das Harz in kaltem Toluol nur sehr langsam löst.

Reinigung - Methode 1

Das Harz wird bei 95 oC in Toluol gelöst, wobei eine klare honiggelbe Lösung entsteht. Man versetzt zur Entsäuerung mit einem Teelöffel Marmorspänen und rührt bei Raumtemperatur (Magnetrührer) mindestens drei Tage lang, wobei ein schneeweißes Pulver ausfällt, das abzentrifugiert wird (Filtration ist nicht empfehlenswert). Danach destilliert man das Toluol, zusammen mit geringen Wasser- und Essisäureresten, weitgehend ab (Destillierbrücke, Heizpilz) und läßt erkalten. Man erhält ein honiggelbes, klares, hartes Harz. Dieses überdeckt man mit ca. 1 cm Toluol und bringt das Harz abermals bei 90 oC in Lösung. Die Lösung ist gebrauchsfertig, sie sollte in der Kälte die Konsistenz von Öl haben. Die Lösung ist nicht völlig säurefrei, dies stört jedoch nicht.

Nachtrag: Man läßt die gebrauchsfertige Lösung nochmals 2 Wochen stehen, damit sich letzte Reste Niederschlag abscheiden könen; erst dann gießt man die nun glasklare Lösung ab und verteilt sie auf kleine Fläschchen.

Reinigung - Methode 2

Das in Toluol gelöste Rohprodukt wird in einen Scheidetrichter gegeben, mit ca. 100 ml Wasser versetzt und mäßig geschüttelt. Nach einigen Stunden erhält man drei Schichten: Oben befindet sich das in Toluol gelöste Harz, unten das nun säurehaltige Wasser, dazwischen eine weiße pastöse Emulsion, die sich auch nach längerer Zeit nicht in ihre Komponenten trennt. Da diese Paste den Hahn des Scheidetrichters nicht passieren kann, muß die Toluolschicht abgehebert werden. Man rührt die abgetrennte Harzlösung einige Stunden mit gekörntem Calciumchlorid, um Wasser zu binden, dann destilliert man das Toluol weitgehen ab und verfährt wie unter "Methode 1" beschrieben. Die Lösung ist säurefrei, sie scheidet auch nach längerem Stehen keinen Niederschlag ab, allerdings ist diese Art der Reinigung mit Materialverlust verbunden (teilweise Emulsionsbildung).

 

HINWEISE (NAPHRAX)

1. Die Originalvorschrift verwendet 20 ml HCl conc. und 5 ml H3PO4 conc. als Katalysator. Man erhält ein fast schwarzes Harz, dessen toluolische Lösung mit der Zeit HCl-Gas freisetzt, außerdem fällt auch hier ein weißer Niederschlag aus. Nach dem Entsäuern und dem Abtrennen des Niederschlages ist das so hergestellte NAPHRAX zwar durchaus brauchbar - in dünnen Schichten stört die dunkle Färbung nicht - es ist aber zu befürchten, daß das Harz noch reaktive CH2Cl-Gruppen enthält, die zu unerwünschten Alterungserscheinungen führen können. Die Verwendung von p-Toluolsulfonsäure stellt eine deutliche Verbesserung dar!

2. Die gesamte Synthese kann auch in einer Wohnung durchgeführt werden. Als Wasserbad kann ein Heißwasserbereiter dienen, den man über einen Dimmer regelt (Leistungsfähikeit des Dimmers beachten!). Die Synthese ist allerdings sehr zeitaufwändig; das Rohprodukt muß in jedem Falle nachgereinigt werden; man benötigt diverse Laborgeräte.

3. Die chemische Zusammensetzung des weißen Niederschlages konnte noch nicht ermittelt werden. Das IR-Spektrum deutet auf ein Gemenge mehrerer Stoffe hin, nicht umgesetztes Paraformaldehyd scheidet aus.

4. Beim Anfertigen von Diatomeenpräparaten benetzt man die Diatomeen zunächst mit Toluol, um die Luft aus den Schalen zu verdrängen, dann überdeckt man mit NAPHRAX und trocknet die fertigen Präparate bei 100 oC im Trockenschrank, da nur das toluolfreie NAPHRAX hochbrechend ist. Die Präparate sind fast farblos.

5. NAPHRAX besitzt einen Brechungsindex von 1,66, zeigt geringere Dispersion als PLEURAX und wird ebenfalls durch Blaulicht zur Fluoreszenz angeregt.

6. NAPHRAX ist als Medium für UV-Mikroskopie geeignet, da bei Schichtdicken mikroskopischer Präparate Wellenlängen bis 340 nm durchgelassen werden.

7. NAPHRAX besteht aus Naphthalinringen, die über CH2-Gruppen miteinander vernetzt sind - es ähnelt somit Polystyrol. Derartige reine Kohlenwasserstoffe sind erfahrungsgemäß chemisch außerordentlich inert, das Harz sollte also langzeitstabil sein. Wichtig ist allerdings, die Abscheidung des weißen Niederschlages abzuwarten (s.o.)!

 

ZRAX = NAPHRAX !

Ursprünglicher Link: http://www.sas.upenn.edu/~dailey/zrax.pdf . Dieser Link ist inzwischen inaktiv; ein neuer konnte nicht ermittelt werden.

ZRAX wurde von Professor Dailey vertrieben, allerdings finden sich keine Angaben über die Synthese. Aus der oben angegebenen Quelle geht hervor, daß es sich bei ZRAX um ein besonders schonend hergestelltes und sorgfältig gereinigtes NAPHRAX handelt, denn auch NAPHRAX ist ein Naphthalin-Formaldehyd-Kondensat. Ferner zeigt die Quelle, daß gewöhnliches NAPHRAX offenbar nicht langzeit-stabil ist.

Inzwischen stellte mir Herr Matthias Burba eine kleine Originalprobe ZRAX zur Verfügung, so daß ein IR-Spektrum angefertigt werden konnte. Dieses ebenfalls gelbe Harz ist offenbar mit NAPHRAX identisch, das mit Hilfe von p-Toluolsulfonsäure hergestellt wurde. Ob auch die Herstellungsmethode identisch ist, muß offen bleiben. (Die etwas unterschiedlichen Formen der IR-Peaks erklären sich aus den unterschiedlichen Schichtdicken der Proben - entscheidend sind die Lagen der Absorptionsbanden).

Der Brechungsindex von ZRAX liegt bei 1,68, ist also etwas höher als der von NAPHRAX. Dieser Unterschied deutet auf einen höheren Polymerisationsgrad hin, verbunden mit einer etwas höheren Dichte.

Dr.G.Rosenfeldt

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