Schon im Lichtmikroskop zeigen die Schalen der Diatomeen eine faszinierende Vielfalt an Formen und Feinstrukturen, aber oft bleiben die räumlichen Verhältnisse doch rätselhaft, da bei stärkeren Vergrößerungen die dann sehr geringe Tiefenschärfe die Deutung erschwert. Außerdem treten oft störende Bildüberlagerungen durch tiefer liegende Strukturen auf, insbesondere, wenn man die Diatomeenschalen von der Seite betrachtet ("Gürtelbandansicht").
Gerade bei der Untersuchung von Diatomeen zeigt das REM seine Stärken, und zwar nicht nur wegen seiner höheren Auflösung und Tiefenschärfe, sondern weil das REM ein elektronisches Auflichtmikroskop ist: Man sieht die Diatomeenschale entweder von außen oder von innen, und gerade diese buchstäblich "einseitige Betrachtungsweise" erleichtert die Analyse des räumlichen Feinbaues der Schalen ungemein - allerdings gibt es auch Nachteile, denn man kann nicht, wie beim lichtmikroskopischen Bild, von außen in die Schale hineinschauen, so daß bei Außenansicht z.B. innere Septen verborgen bleiben - dies erschwert die Bestimmung.
Es lassen sich mindestens drei Bautypen unterscheiden, die hier mit den Buchstaben A, B und C bezeichnet werden sollen:
Typ A: Schale sehr dünnwandig und mit feinen offenen Poren versehen, die dem Stoffaustausch dienen. Oft gehören sehr kleine Formen zu diesem Typ, z.B. Cyclotella und Navicula, aber auch größere Formen zeigen diesen Bau, z.B. Pleurosigma und Gyrosigma.
Typ B: Schale besteht aus groben parallelen oder sich kreuzenden Rippen, die innen von einer sehr dünnen Kieselsäurewand übezogen sind. Diese Wand ist von sehr feinen offenen Poren durchbrochen, die dem Stoffaustausch dienen. Im Lichtmikroskop erscheinen die Zwischenräume des Rippenwerkes als Schlitze oder Areolen, die feinen Poren der Innenwand bleiben gewöhnlich unsichtbar, da sie unter der maximalen Auflösung des Lichtmikroskopes liegen. Typisch für viele Centrales, wie z.B. Triceratium.
Typ C: Wie Typ B, jedoch liegt die dünne Kieselsäurewand außen. Typisch für viele Pennales, wie z.B. Epithemia.
Wahrscheinlich kommen noch weitere Schalentypen vor, so z.B. Schalen mit einer inneren und einer äußeren Wand ("Sandwich-Struktur"). Es ist bemerkenswert, daß schon HUSTEDT vor mehr als fünfzig Jahren diese Schalentypen beschrieben hat!
Die obere Bildreihe (Bild 1 - 5) zeigt Arten, die wohl alle dem Typ A angehören - mit Sicherheit gilt dies für die Exemplare 3 - 5. Die Arten 6 und 7 gehören zum Typ B. Besonders schön lassen sich die Schalenstrukturen an zerbrochenen Schalen erkennen (Bild 8). Im Falle der Gattung Triceratium (Bild 9 - 14) ist der Schalentyp B auch schon im Lichtmikroskop zu erkennen.
Die Gattung Arachnoidiscus (Bild 15 und 16) bietet im REM ein sehr ungewöhnliches Bild: Während im Lichtmikroskop die groben radialen Stege dominieren, sind diese im REM nur bei Innenansicht zu erkennen (Bild 15) - die Außenansicht wirkt auf den Lichmikroskopiker dagegen sehr überraschend.
Actinoptychus (der "Faltenstern", Bild 17 und 18) ist der natürliche Feind des Mikrofotografen, da sich die stark gewellte Schale schon bei mäßiger Vergrößerung nicht mehr zufriedenstellen scharf darstellen läßt. Zugleich meint man im Lichtmikroskop zwei unterschiedlich grobe Porensysteme zu erkennen, die sich schichtartig überlagern. Die wahren Verhältnisse zeigt Bild 18: Es handelt sich um ein einziges Porensystem, wobei sich in den größeren Poren kleinere befinden - eine Zuordnung zu den oben definierten Schalentypen ist hier nicht mehr möglich.
Die Innenansicht von Epithemia entspricht dem lichtoptischen Bild, denn die groben Septen scheinen im lichtoptischen Bild stets durch, ja sie dominieren. Die feine Porenstruktur läßt sich im Lichtmikroskop dagegen nur erahnen. Insbesondere erkennt man im Lichtmikroskop nicht, daß hier gar keine Poren vorliegen, sondern kompliziert geformte Schlitze (bzw. Poren, die durch eine Blättchenstruktur teilweise verschlossen sind).
Diatomeenfotos hoher Auflösung
Bestimmungsschlüssel
der Gattungen nach HUSTEDT
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